Kleine Novellierung
Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes – Recht des öffentlichen Vergabewesens sowie des Gesetzes über Gerichtskosten in Zivilsachen (sog. „kleine Novellierung”) trat am 22. Dezember 2009 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen betreffen die folgenden Fragen:
Verkürzte Frist für die Fragenstellung zur Spezifikation der wesentlichen Auftragsbedingungen
Die neuen Vorschriften verpflichten den Auftraggeber, ausschließlich diejenigen Fragen der Unternehmer zu beantworten, die nicht später als bis zum Ende des Tages, an dem die Häfte der Frist für die Angebotsabgabe abläuft, eingegangen sind. Anderenfalls oder in der Situation, wenn die Frage eine bereits geklärte Angelegenheit betrifft, muss der Auftraggeber darauf keine Antwort erteilen.
Teilnahmebedingungen am Verfahren
Die Novelle führt die Möglichkeit ein, dass der Unternehmer, der an einer Ausschreibung teilnehmen will, sich auf Wissen, Erfahrungen und Finanzfähigkeiten anderer Rechtsträger, unabhängig von dem Rechtscharakter der ihn mit ihnen verbindenden Beziehungen verlassen könnte. Ferner: Wenn der Unternehmer aus begründetem Anlass die vom Auftraggeber angeforderten Unterlagen bezüglich seiner finanziellen und wirtschaftlichen Situation nicht vorlegen kann, wird der Unternehmer berechtigt sein, eine andere Unterlage vorzulegen, die die Erfüllung der vom Auftraggeber beschriebenen Bedingung für die Teilnahme an der Ausschreibung ausreichend bestätigt.
Möglichkeit der Vorschussgewährung
In der Novelle wird eindeutig darüber entschieden und bestätigt, dass die die Gewährung eines Vorschusses durch den Auftraggeber auf die Vergütung des Unternehmers möglich ist. Grundsätzlich wird die Vorschussgewährung möglich sein, wenn (a) der Auftrag Bauleistungen betrifft oder (b) bei Aufträgen aller Art, wenn sie mit EU-Mitteln bzw. mit anderen Mitteln aus ausländischen Quellen finanziert werden, die nicht zurückzuzahlen sind. Die Einschränkungen für die Vorschussgewährung betreffen nicht die Einheiten der territoriellen Selbstverwaltung bzw. die Einheiten, falls die territorielle Selbstverwaltung deren Gründungs- oder Aufsichtsorgan ist.
Liberalisierung der Grundsätze bezüglich der Vertragsänderung
Die Novelle mildert das Verbot bezüglich der Änderungen eines Leistungsvertrages nach Art. 144 des Vergabegesetzes, indem sich die Einschränkungen bezüglich der Vertragsänderungen lediglich auf die wesentlichen Vertragsänderungen beziehen.
Einführung der höheren Gerichtsgebühren für Beschwerden
Die Gerichtsgebühr für die Beschwerde gegen die Urteile des Landesberufungskammer (KIO) soll das Fünfache der Eintragung für die in der Sache erhobene Berufung, die die jeweilige Beschwerde betrifft. Im Falle einer Beschwerde gegen eine nach Öffnung der Angebote (z.B. nach der Auswahl des Angebots) vorgenommene Handlung des Auftraggebers soll die Eintragung 5% des Wertes des Auftragsgegenstandes, jedoch nicht mehr als 5 Mio. PLN betragen.
Große Novellierung
Die weiteren Änderungen des Vergabegesetzes (sog. „große Novellierung”) traten am 29. Januar 2010 in Kraft. Die wesentlichsten Änderungen betreffen die folgenden Fragen:
Prioritäts- und Nichtprioritätsdienstleistungen
Es wurde die uneingeschränkte Möglichkeit abgeschafft, die freihändige Vergabe bei Aufträgen über sog. Nichtprioritätsdienstleistungen (darunter über rechtliche Dienstleistungen) anzuwenden. Darüber hinaus befand sich der Katalog der Prioritäts- und Nichtprioritätsdienstleistungen (d.h. diejenigen Dienstleistungen, auf welche erleichterte Vorschriften Anwendung finden) bisher in den Anhängen der EU-Richtlinien. Dieser Katalog ist gegenwärtig in der Verordnung des Präsidenten des Ministerrates enthalten.
Verkürzte Fristen für die Angebotsabgabe
In einigen Fällen wurden die Mindestfristen für die Angebotsabgabe verkürzt. Beispielsweise wurde die Mindestfrist für die Angebotsabgabe bei offenen Vergabeverfahren für Bauaufträge unter den EU-Schwellenwerten auf mindestens 14 Tage ab Bekanntmachung verkürzt.
Sicherheitsleistung (Vadium)
Die Novelle führt den Grundsatz ein, dass das Vadium unverzüglich nach der Auswahl des günstigsten Angebots oder nach der Ungültigkeitserklärung des Verfahrens rückerstattet wird, auch wenn der Unternehmer vorher vom Verfahren ausgeschlossen wurde oder wenn sein Angebot abgelehnt wurde. Nachdem das günstigste Angebot ausgewählt worden ist, sollte das Vadium lediglich das Angebot des ausgewählten Unternehmers sichern.
Bekanntmachungen über die Absicht des Vertragsabschlusses
Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sowie bei der freihändigen Vergabe ist der Auftraggeber berechtigt, im Builletin oder im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung über die Absicht des Vertragsabschlusses mit dem jeweiligen Unternehmer zu veröffentlichen. Dies ermöglicht, Rechtsmittel gegen die Auswahl eines den Wettbewerb nicht gewährleistenden Verfahrens seitens der Unternehmer, die zur Verhandlung nicht eingeladen wurden, einzulegen.
Ungültigkeitserklärung des Verfahrens
Die Novelle führt eine neue Voraussetzung für die Ungültigkeitserklärung des Verfahrens ein, nämlich in der Situation, wenn dem Auftraggeber die Mittel aus dem EU- oder EFTA-Budget nicht zuerkannt wurden, mit denen der Auftrag finanziert werden sollte. Die Bedingung dafür ist die Aufnahme eines entsprechenden Vorbehalts in der Bekanntmachung oder in der Einladung zur Verhandlung.
Vertragsaufhebung
Die Vertragsaufhebung ist in den im Vergabegesetz bestimmten Fällen möglich und sie wird durch die Landesberufungskammer („KIO”) oder durch das ordentliche Gericht vorgenommen. In anderen Fällen – die in dem Vergabegesetz nicht genannt werden – besteht weiterhin die Möglichkeit, sich an das ordentliche Gericht wegen Feststellung der Vertragsaufhebung zu wenden. KIO ist berechtigt, die Sanktion der Vertragsaufhebung dadurch zu ersetzen, dass dem Auftraggeber alternative Strafen auferlegt werden, nämlich eine finanzielle Strafe oder eine Strafe der Verkürzung der Geltungsdauer des Vertrages, wenn die Auftrechterhaltung des Vertrages im öffentlichen Interesse liegt.
Abschaffung der Proteste
Laut Novelle sind die Unternehmer nicht mehr berechtigt, Proteste in den nach dem Inkrafttreten der Novelle (dem 29. Januar 2010) eingeleiteten Vergabeverfahren, einzulegen. Der ihnen zustehende Rechtsmittel ist die Berufung an die Landesberufungskammer und danach eine Beschwerde beim Bezirksgericht. In den Verfahren unterhalb den EU-Schwellenwerten steht die Berufung nur gegen einige Handlungen des Auftraggebers zu. In sonstigen Fällen sind die Unternehmer lediglich berechtigt, den Auftraggeber über die vollzogene Rechtsverletzung zu informieren. Geändert wurden die Frist für die Berufungeinlegung (sogar bis 6 Monate nach Vertragsabschluss) sowie die Grundsätze des Berufungsverfahrens . KIO erhielt eine neue Kompetenz: Sie kann den Leistungsvertrag für ungültig erklären, dem Auftraggeber eine finanzielle Strafe (in Höhe bis 10% des Wertes der im abgeschlossenen Vertrag vorgesehenen Vergütung des Unternehmens) auferlegen, über die Verkürzung der Geltungsdauer des Vertrages entscheiden oder sich mit der Feststellung begnügen, dass die gesetzlichen Vorschriften verletzt wurden.
Achtung! Neue EU-Schwellenwerte
Ab dem 1. Januar 2010 gelten neue Schwellenwerte, von denen die Pflicht zur Überreichung einer Bekanntmachung an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften abhängt – es ist gegenwärtig ein Wert, der dem in Zloty ausgedrückten Gegenwert des folgendes
Betrages gleich oder höher ist:
I. Für Auftraggeber aus dem Sektor der öffentlichen Finanzen:
125.000 Euro – für Liefer- und Dienstleistungsaufträge,
4.845.000 Euro – für Bauaufträge;
II. Für andere Auftraggeber als diejenigen, die unter Punkt I genannt wurden:
193.000 Euro – für Liefer- und Dienstleistungsaufträge,
4.845.000 Euro – für Bauaufträge;
III. Für Sektorenauftraggeber:
387.000 Euro – für Liefer- und Dienstleistungsaufträge,
4.845.000 Euro – für Bauaufträge.
Neuer Umrechnungsfaktor für die Umrechnung in Euro
Am 1. Januar 2010 trat die Verordnung des Präsidenten des Ministerrates über den Mittelkurs von Zloty gegenüber dem Euro, der der Umrechnung des Auftragswertes zugrunde liegt, in Kraft.
Der neue Umrechnungsfaktor für die Umrechnung in Euro beträgt 3,839.